Hans Thoma: unser Namensgeber – kritisch betrachtet
Die Hans-Thoma-Schule ist eine bunte und kulturell vielseitige Schule, in der sich jeden Tag Menschen aus mehr als 40 verschiedenen Nationen begegnen, zusammen lernen und arbeiten.
Unser Namensgeber ist der „Schwarzwaldmaler“ Hans Thoma, geb. am 2.10.1839 in Bernau, gestorben am 7.11.1924 in Karlsruhe.
Zu seiner Zeit war Hans Thoma unter Kollegen ein angesehener Künstler. Seine romantisierenden Bilder vom Schwarzwald und seinen Menschen haben zur Popularität des Schwarzwaldes beigetragen.
Und: Hans Thoma war ein Antisemit. Er hat Juden mit Misstrauen betrachtet und zur Hetze gegen Juden beigetragen. Dies geht aus mehreren Briefwechseln mit seinen Freunden hervor. Hier ein Beispiel:
Ein Zitat aus einem Brief an Cosima Wagner (1905):
„Fast will es mir auch scheinen, dass der Antisemitismus – so stark er heimlich überall verbreitet ist, schon zu spät kommt, um wirksam zu sein. -Damals, als der Meister (Anmerkung: Richard Wagner) sein „Judentum in der Musik“ geschrieben hat, wäre schon noch was möglich gewesen, wenn die Deutschen nicht dumm mit offenen Mäulern dagestanden wären und nicht weiter haben denken können als: Was kann es den schaden, wenn die Juden Musik machen? Ja, Ja, sie machen jetzt Musik, dass die ganze Welt danach tanzt.“
Zum Verständnis:
Zitat: Richard Wagner „Das Judenthum in der Musik“ (1850/1869)
„… Der Jude, der bekanntlich einen Gott ganz für sich hat, fällt uns im gemeinen Leben zunächst durch seine äußere Erscheinung auf, die, gleichviel welcher europäischen Nationalität wir angehören, etwas dieser Nationalität unangenehm Fremdartiges hat: wir wünschen unwillkürlich mit einem so aussehenden Menschen Nichts gemein zu haben.“
Als die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland übernahmen, lebte Hans Thoma schon fast 10 Jahre nicht mehr. Aber durch seine Äußerungen hat auch er den Weg bereitet. Der Sprache folgten Taten.
Unsere Schulgemeinschaft steht für Respekt und Toleranz, Weltoffenheit und Demokratie!
Wir setzen uns kritisch mit unserer Geschichte auseinander und lehnen Antisemitismus und jede andere Art von Rassismus entschieden ab.
Deshalb betrachten wir unseren Namensgeber kritisch und führen derzeit intern Diskussionen, ob wir unseren Schulnamen ändern lassen möchten.
Geschichtliches 1834-1992
1834
Erlass des Großherzogs Leopold über die Errichtung von Gewerbeschulen im Großherzogtum Baden als Reaktion auf den wachsenden Bedarf an Fachkräften, die gewisse theoretische Kenntnisse über Konstruktion und Arbeit mit den neuen Maschinen besitzen
1837
Eröffnung der Gewerbeschule Neustadt mit 50 Schülern, zunächst untergebracht in einem Raum im Rathaus.
1848
Zwei Lehrer der Gewerbeschule (Bauer und Schnurmann) schließen sich den Aufständischen in der 48er-Revolution an. Nach der Niederschlagung der Aufstände müssen sie die Schule und die Region verlassen
1882
Inzwischen 76 Schüler aus den verschiedensten Berufsfeldern, die vorerst alle gemeinsam unterrichtet werden
1897
Einführung einer neuen Gewerbeordnung im Großherzogtum Baden, die Gesellen- und Meisterprüfungen verbindlich vorschreibt
1900
Ein neues „Ortsstatut“ für die Gewerbeschule Neustadt legt eine dreijährige Berufsschulpflicht für alle in den örtlichen Gewerbebetrieben beschäftigten Lehrlinge und Gehilfen fest.
1911
115 Schüler; die Räume im Rathaus waren erweitert worden, die Schüler sind inzwischen nach ihren Berufen aufgeteilt (Spezialkurs in Uhrenmechanik, Sammelklasse für Kaufleute und für Berufe des Nahrungsmittelgewerbes)
1924
Bildung einer selbständigen Handelsschule mit 45 Schülern; in der Gewerbeschule verbleiben 166 Schüler. Die Handelsschule bleibt in den Räumen im Rathaus; die Gewerbeschule zieht
1926
in ein provisorisch zur Schule umgebautes Gebäude in der Scheuerlenstraße um
1927
Die Schulpflicht wird auf weibliche Arbeiterinnen (hauptsächlich aus den Textilberufen) ausgedehnt
1937
Die Gewerbeschule feiert ihr 100-jähriges Jubiläum. Die Chronik dieses Jahres berichtet von der Einführung des Fachs „Deutschkunde“ anstelle der bisherigen Fächer Deutsch und Staatsbürgerkunde. Hier sollen die Schüler die „unauslöschliche Blut- und Schicksalsverbundenheit aller Deutschen und die unbedingt notwendige Einsatzbereitschaft für die Gemeinschaft“ kennen lernen. Die Handelsschule wird ergänzt um eine Höhere Handelsschule und zieht um in ein ehemaliges Fabrikgebäude (eine ehemalige Uhrenfabrik) in der Schillerstraße. Diese als Provisorium gedachte Lösung bleibt bestehen bis zum Jahr 1963
1939
Beide Schulen verlieren während des Krieges Lehrkräfte und Schüler, können aber bis ins Frühjahr 1945 den Unterricht aufrecht erhalten – im Falle der Handelsschule zuletzt mit nur noch einem Lehrer. In dieser Zeit erscheint in den Unterlagen des Landkreises Neustadt auch die erste Form einer hauswirtschaftlichen Schule, die sogenannte „Kochschule“, die zunächst in der Volksschule untergebracht ist
1945
Nach kurzer Unterbrechung aufgrund der chaotischen Verhältnisse bei Kriegsende und Kapitulation wird der Schulbetrieb im Winter 1945/46 wieder aufgenommen; die Schülerzahl wächst in den Jahren des Wiederaufbaus rapide an
1951
Umzug der Gewerbeschule in ein neu gebautes Schulgebäude in der Goethestraße mit Fachräumen und zwei Unterrichtszimmern. Schon bald leidet die Schule wieder unter massivem Raumbedarf (Mitte der 50er Jahre: 450 Schüler, Mitte der 60er 550)
1954
Die landwirtschaftliche und die hauswirtschaftliche Berufsschule (die frühere Kochschule) ziehen in das Gebäude der Handelsschule ein, bleiben aber selbständige Einheiten
1963
Die Handelsschule zieht um in das neu gebaute Schulgebäude, in dem die Schule bis heute untergebracht ist. Im westlichen Teil des neuen Schulgebäudes findet die haus- und landwirtschaftliche Berufsschule ihren Platz
1965
Im Schulzentrum Neustadt wird als dritte Schule die neue Gewerbeschule bezogen, die seit 1964 den Namen „Hans-Thoma-Gewerbeschule“ trägt
1967
An der Handelsschule wird ein Wirtschaftsgymnasium eingerichtet
1973
Kreisreform; sie verkleinert den Einzugsbereich der Schulen. Dies wird teilweise kompensiert durch die Einführung neuer Schularten (z. B. 1973 Zweijährige Berufsfachschule, 1977 Technisches Gymnasium)
1980
Errichtung des Nebengebäudes mit den neuen Holz- und Elektrowerkstätten
1987
Beginn der Schulpartnerschaft mit Coulommiers; in diesem Rahmen jahrelanger Schüleraustausch im Bereich Kraftfahrzeug
1992
Zusammenlegung der gewerblichen, hauswirtschaftlichen und kaufmännischen Schulen in Titisee-Neustadt zur Hans-Thoma-Schule Titisee-Neustadt in ihrer heutigen Form